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Fahrer und Chef in einem: "Faszinierendes Projekt" für Trulli

Neu-Teamchef und Pilot Jarno Trulli spricht über die Formel E, seine Ziele in der ersten Saison und warum er nach der Formel 1 alle Angebote ausgeschlagen hat

(Motorsport-Total.com) - Es war schon ein ungewöhnlicher Weg, den Jarno Trulli gegangen ist. Nach seinem Ausstieg aus der Formel 1 war der Italiener erst einmal von der Motorsport-Fläche verschwunden. Stattdessen kümmerte sich Trulli, der am Sonntag seinen 40. Geburtstag feiern wird, um seine heimischen Weinberge. Doch vor wenigen Wochen erhielt der Routinier die Chance, einen Formel-E-Boliden zu testen. Kurze Zeit später war Trulli nicht nur Fahrer in der Debütsaison sondern auch gleich Teamchef seines eigenen Rennstalls: TrulliGP.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Jarno Trulli ist zurück: Der Italiener tritt 2014 mit seinem eigenen Team an Zoom

Dabei hätte er sich zu seiner aktiven Formel-1-Zeit nicht vorstellen können, dass er irgendwann einmal sein eigenes Rennteam besitzen wird. "Nicht wirklich, um ehrlich zu sein", lacht er bei 'fiaformulae.com'. "Es ist alles so schnell passiert. Ich war fasziniert, als ich das Auto getestet habe, und dann hatte ich die Chance, ein eigenes Team aufzubauen - also habe ich die Möglichkeit ergriffen."

Trulli übernahm den Platz von Drayson und formte mit der bekannten Super-Nova-Truppe seinen eigenen Rennstall. Während Super Nova das tägliche Geschäft übernehmen wird, kümmert sich Trulli um die Entscheidungen bei der Entwicklung und will sicherstellen, dass das Team gut läuft und zwei schnelle und zuverlässige Autos für beide Fahrer hat. "Das ist definitiv eine große Verpflichtung", sagt er. "Ich werde mein Bestes geben, um die Dinge zusammenzuführen."

Gleichzeitig wird der einmalige Grand-Prix-Sieger (Monaco 2004; Anm. d. Red.) auch selbst in eines der Cockpits steigen. Dass er nun seine eigenen Rechnungen bezahlen muss, hält ihn aber nicht davon ab, im Rennen Gas zu geben: "Ein Fahrer ist immer noch ein Fahrer", lacht er. "Es wird meine Herangehensweise nicht verändern und es wird meinen Geist nicht verändern. Man muss rausgehen und sein Bestes geben - und manchmal passieren Unfälle eben."

Kein Interesse für andere Angebote

Die Formel E stellt für den Noch-39-Jährigen das erste Engagement seit seinem Formel-1-Aus vor der Saison 2012 dar. Andere Serien hätten ihn einfach nicht interessiert, sagt er. "Natürlich gab es Angebote, aber ich habe sie alle ausgeschlagen. Ich war nicht interessiert und dachte nicht, dass es nach der Formel 1 noch etwas geben könnte, das mir ein schönes Gefühl im Auto verschafft." Auch die Formel E sei mit der Königsklasse absolut nicht vergleichbar, doch Trulli wollte bei diesem "faszinierenden Projekt" dabei sein.

Eine Testfahrt machte den Anfang: "Ich wusste sehr wenig darüber, also war es praktisch eine Entdeckungsfahrt", beschreibt er seinen ersten Test in einem Formel-E-Auto. "Ich war gespannt und habe erst beim Test das Potenzial dieser Serie erkannt." Mittlerweile sind viele auf den Zug Formel E aufgesprungen. Bekannte Teamnamen wie Andretti oder Abt haben dabei genauso zum Erfolg beigetragen wie bekannte Fahrernamen wie Nick Heidfeld oder eben Jarno Trulli.


Jarno Trulli testet Formel E

"Es gibt viele ehemalige Formel-1-Piloten hier, also muss ich sagen, dass das Fahreraufgebot ziemlich beeindruckend ist. Das ist gut für die Serie", muss der Italiener anerkennen. Für sein Team hat er sich als zweiten Fahrer allerdings ein eher unbeschriebenes Blatt gesichert: Seine Landsfrau Michela Cerruti wird an der Seite des Routiniers lernen dürfen, und obwohl die AutoGP-Pilotin noch nicht zu den etablierten Fahrern zählt, hält Trulli große Stücke auf sie.

Mentor für Teamkollegin Cerruti

"Wir haben Michela schon lange beobachtet und haben gespürt, dass sie für das Team einen großen Beitrag leisten kann. Sie ist ein junger, aufstrebender Stern und hat viel Raum für Verbesserungen. Neben mir ist es eine perfekte Kombination", findet der Teamchef. "Und für sie ist es eine perfekte Situation, um ihre Karriere zu verbessern. Wir ergreifen diese Chance, weil wir glauben, dass wir mit ihr erfolgreich sein werden."

Die 27-Jährige konnte jüngst ihren ersten Sieg in der AutoGP-Serie feiern, der für Trulli zum perfekten Zeitpunkt kam. "Wir haben den Deal rund eine Woche vor dem Sieg eingefädelt, aber ich habe gespürt, dass sie am folgenden Wochenende gut performen würde. Nach dem Sieg habe ich sie angerufen und gesagt: 'Hör mal, es war richtig, dich in der vergangenen Woche zu verpflichten. Ich lag richtig, daran zu glauben, dass du in dieser Woche gut sein würdest. Willkommen an Bord, wir sind sehr stolz auf dich!'"

Jarno Trulli

Neben seiner Rolle als Teamchef wird Trulli auch selbst ins Auto klettern Zoom

In der Formel E wird sie nun von der großen Erfahrung Trullis profitieren können, der als eine Art Mentor fungieren wird. Gleichzeitig will der Italiener aber auch für sich selbst fahren und seine eigenen Erfolge feiern. Immerhin kehrt er mit der Formel E auch nach Monaco zurück, wo er seinen größten Erfolg einfahren konnte. Durch die vielen Stadtkurse könnte besonders das Qualifying zum entscheidenden Faktor werden - Trullis Stärke in der Formel 1. Doch er winkt ab: "Ich verlasse mich auf nichts, das ich in der Vergangenheit getan habe. Es ist eine brandneue Serie, und wir alle werden uns anpassen müssen."